Dieser Artikel beschreibt die Berechnung der OEE als Teil einer Potentialanalyse. Den übergeordneten Artikel zur Nutzung einer Potentialanalyse als ersten Schritt zur Einführung von Lean / TPM / OPEX findest du hier.
Je nach Unternehmen stehen dir mehr oder weniger Kennzahlen und Verlustauswertungen zur Verfügung. Neben der Verfügbarkeit ist auch die Datenqualität entscheidend. Wie werden die Daten erfasst? Wie sind die Kennzahlen definiert? Oftmals steht jedoch bereits ein Kennzahlensystem zur Verfügung, sodass die Ursachen von Störungen und Leistungskennzahlen ausgewertet werden können. Hier empfiehlt sich die Anwendung der 80/20 (Pareto) Regel. Kümmere dich um die 20 % der Ausfallgründe, die für 80 % deiner Probleme verantwortlich sind.
Berechnung der OEE:
Die OEE (Overall Equipment Effectiveness) oder zu Deutsch auch GAE (Gesamtanlagen Effektivität) dient als Kennzahl zur Bewertung der Anlageneffektivität und gibt uns einen Überblick über die Verlustarten und ‑dauer. Die OEE setzt sich aus den drei Kennzahlen Verfügbarkeit, Leistung und Qualität zusammen und errechnet sich wie folgt:
OEE = Verfügbarkeitsgrad x Leistungsgrad x Qualitätsgrad
Bevor wir uns also der OEE widmen können, müssen wir zunächst ihre Bestandteile errechnen.
Verfügbarkeitsgrad = Tatsächliche Produktionszeit (B) / geplante Produktionszeit (A)
Die Verfügbarkeit wird durch Störungen (ungeplante Stillstände) aber auch geplante Stillstände (z. B. Schulungen, Wartung) reduziert. Oftmals haben Rüstzeiten einen großen Anteil an den Verfügbarkeitsverlusten, sodass ein Rüstworkshop die Verfügbarkeit enorm steigern kann.
Leistungsgrad = Tatsächliche Leistung (D) / Tatsächliche Produktionszeit ( C )
Die Leistung leidet unter Kurzstillständen, da nach jeder Mikrostörung die Maschine erneut angefahren und die Zielgeschwindigkeit erreicht werden muss. Die Produktion mit reduzierter Geschwindigkeit ist ebenfalls ein Leistungsverlust. Dieser kann technisch oder organisatorisch bedingt sein, aber auch durch mangelnde Motivation der Maschinenbesatzung auftreten. Daher ist es wichtig, auftretende Probleme im Team zu besprechen und gemeinsam zu lösen.
Qualitätsgrad = Einwandfreie Produkte (F) / tatsächliche Ausbringung (E)
Qualitätsverluste entstehen durch Ausschuss, Nacharbeit und Reklamationen. Hierbei sind sowohl die externen Reklamationen (Endkunde) als auch die internen (nächster Fertigungsschritt) zu erfassen.
Anhand eines Beispiels lassen sich die Berechnungen leicht nachvollziehen. Die OEE lässt sich für ein beliebiges Zeitintervall bestimmen. Im folgenden Beispiel beziehen wir uns auf die Betrachtung einer Schicht.
Praxisbeispiel zur OEE-Berechnung:
Die geplante Produktionszeit beträgt 1 Schicht = 480 min. Während der Produktion treten in Summe 120 min Störungen auf. Somit beträgt die tatsächliche Produktionszeit lediglich 360 min (480 – 120).
Verfügbarkeitsgrad = 360 min / 480 min = 0,75 = 75 %
Für den Leistungsgrad benötigen wir die tatsächliche Leistung in Minuten:
Tatsächliche Leistung (min) = Sollzeit für 1 Stück (min/Stk) x tatsächliche Ausbringung (Stk) Sollzeit für 1 Stück (min/Stk) = 60 min / Design Speed (Stk)
Die Design Speed ist die maximal mögliche Geschwindigkeit der Anlage und wird vom Hersteller definiert. Sie beträgt in diesem Beispiel 10.000 Stk/Std. Die Sollzeit für 1 Stück liegt somit bei 0,006 min / Stk (60 / 10.000) Die tatsächliche Ausbringung liegt bei 55.000 Stk. Somit lässt sich die tatsächliche Leistung berechnen: 0,006 min/Stk x 55.000 Stk = 330 min.
Leistungsgrad = 330 min / 360 min = 0,91 = 91 %
In der tatsächlichen Ausbringung sind sowohl die Gutteile als auch Ausschuss berücksichtigt. Gehen wir von 8.000 defekten Teilen aus, so haben wir am Schichtende 47.000 Gutteile produziert (55.000 – 8.000).
Qualitätsgrad = 47.000 / 55.000 Stk = 0,85 = 85 %
Nachdem wir die drei Kennzahlen Verfügbarkeit, Leistung und Qualität berechnet haben, können wir nun die OEE erfassen. Hier noch einmal die benötigte Formel zur Berechnung der OEE:
OEE = Verfügbarkeitsgrad (0,75) x Leistungsgrad (0,91) x Qualitätsgrad (0,85) = 58 %
Im obigen Beispiel wurde die OEE aus Mitarbeiter Sicht dargestellt. Hier sind alle Verluste enthalten, die auftreten, während die Maschinenbesatzung vor Ort ist. Die OEE (oder eine andere Form der Kennzahlerhebung) sollte vor der Durchführung erster Verbesserungs-Workshops erfolgen, um die Auswirkungen bewerten zu können.
Die OEE lässt sich ebenfalls aus der Management-Perspektive betrachten. In dem Fall muss für die Verfügbarkeit anstatt der „geplanten Produktionszeit“ die „mögliche Produktionszeit“ (24 Std x 365 Tage) verwendet werden. Somit werden auch Management-Verluste, wie z. B. fehlende Aufträge oder mangelndes Personal, sichtbar.
Erfahre im nächsten Artikel, wie du die OEE richtig nutzt!