Interviews — Potentialanalyse für ein ganzheitliches Verbesserungssystem

Die­ser Blog­bei­trag beschreibt die Vor­ge­hens­wei­se einer Inter­view-Befra­gung im Rah­men einer Poten­ti­al­ana­ly­se. Den über­ge­ord­ne­ten Arti­kel zur Nut­zung einer Poten­ti­al­ana­ly­se als ers­ten Schritt zur Ein­füh­rung von Lean / TPM / OPEX  fin­dest du hier.

Inter­views stel­len im Rah­men einer Poten­ti­al­ana­ly­se zur Mes­sung des Lean Rei­fe­gra­des einen nicht zu unter­schät­zen­den Mehr­wert dar. Gera­de wenn du als exter­ner Bera­ter oder als Inhouse-Con­sul­tant neu in ein Unter­neh­men kommst, ist es wich­tig mit den Mit­ar­bei­tern ins Gespräch zu kom­men, sie ken­nen­zu­ler­nen und ihre Mei­nung in die Poten­ti­al­ana­ly­se ein­flie­ßen zu las­sen. Auch wenn du schon selbst lan­ge dabei bist, kann dir das Inter­view neue Blick­wei­sen eröff­nen, da dar­in Fra­gen gestellt wer­den, die man im nor­ma­len Gespräch mit sei­nen Mit­ar­bei­tern mög­li­cher­wei­se nie oder zu sel­ten stellt.

Wie gewinnen wir unsere Mitarbeiter für die Lean-Reise?

Die Mit­ar­bei­ter vor Ort sind oft­mals meh­re­re Jah­re – wenn nicht sogar Jahr­zehn­te – in der Fir­ma und beherr­schen ihren Job im Schlaf. Sie sind die Exper­ten in ihrem Umfeld und kön­nen dir mit Sicher­heit sagen, wo sie die Pro­ble­me sehen. Nicht sel­ten haben sie sogar kla­re Lösungs­vor­schlä­ge, die nur umge­setzt wer­den müs­sen! Doch lei­der fehlt ihnen oft ein Zuhö­rer, sei es auf­grund des stän­di­gen Fire-Fightin­gs oder der feh­len­den Regel­kom­mu­ni­ka­ti­on. Dies führt auf län­ge­re Sicht zu Frust und sie zie­hen sich immer mehr mit ihren Ideen und Lösungs­vor­schlä­gen zurück. Daher ist es gera­de am Beginn von der Lean-Ein­füh­rung wich­tig, gute Ideen auf­zu­grei­fen, die­se zügig umzu­set­zen und damit das Ver­trau­en des Teams zu gewin­nen. Denk immer dar­an: Wenn du jeman­den nach sei­nen Ideen fragst, weckst du auch immer eine Erwar­tungs­hal­tung! Feed­back ist hier sehr wich­tig. Bei Vor­schlä­gen, die nicht umge­setzt wer­den kön­nen, muss dem Vor­schla­gen­den eine kla­re Rück­mel­dung mit Begrün­dung dazu gege­ben wer­den. Nur so wird man das Per­so­nal nach­hal­tig ein­bin­den kön­nen. Denn schließ­lich möch­ten wir mit der Lean-Ein­füh­rung errei­chen, dass der Mit­ar­bei­ter selbst Ver­ant­wor­tung für sei­ne Anla­ge über­nimmt. Das wird er nicht tun, wenn er bereits inner­lich gekün­digt hat oder das Gefühl hat, nicht ernst genom­men zu werden!

Wenn du eine wei­se Ant­wort ver­langst, musst du ver­nünf­tig fragen! 

… wuss­te schon Goe­the. Wir haben einen Fra­gen­ka­ta­log ent­wor­fen, mit dem du die Stim­mung im Unter­neh­men, die Ver­än­de­rungs­be­reit­schaft und die Not­wen­dig­keit zur Ver­än­de­rung auf­fängst. Dies wird dir hel­fen, die Prio­ri­tä­ten an der rich­ti­gen Stel­le zu set­zen und dei­ne Kol­le­gen von Beginn an in die Lean-Rei­se ein­zu­bin­den. Denn wer wird nicht ger­ne nach sei­ner Mei­nung gefragt?

Der Learning Lean Interview Fragenkatalog

Der Fra­gen­ka­ta­log umfasst 29 Fra­gen aus den The­men­blö­cken Orga­ni­sa­ti­on, Stan­dards, Manage­ment-Infor­ma­ti­ons-Sys­tem, Unter­neh­mens­stär­ken und ‑poten­tia­le, Pro­blem­fel­der und Ziel­er­rei­chung. Neben dem Kata­log ist eine Excel-Vor­la­ge ent­hal­ten, um die Fra­ge­bö­gen aus­zu­wer­ten. Um ein umfas­sen­des Bild zu erhal­ten soll­test du min­des­tens 15 Inter­views durch­füh­ren. Vor Beginn des Inter­views musst du jeden Teil­neh­mer dar­auf hin­wei­sen, dass die Aus­wer­tung völ­lig anony­mi­siert erfolgt und kei­ne Rück­schlüs­se auf die Per­son zuge­las­sen wer­den. Zudem soll­te die Befra­gung ver­trau­lich und ohne Bei­sein der Füh­rungs­kraft statt­fin­den. Nur so wirst du auch ehr­li­che Ant­wor­ten erhalten.

Das gan­ze Doku­ment, bestehend aus dem Fra­ge­bo­gen und einer Excel­da­tei zur Aus­wer­tung — sowie vie­le wei­te­re Tools — fin­dest du im POTENTIAL FINDER:

Damit kannst du direkt los­le­gen und dei­ne Inter­views im Rah­men der Poten­ti­al­ana­ly­se zur Ein­füh­rung eines ganz­heit­li­chen Ver­bes­se­rungs­sys­tems durch­füh­ren. Nach­fol­gend fin­dest du eine Vor­schau und Erklä­rung zu den ein­zel­nen Fragen.

Interview-Fragen

1.1       Beschrei­ben Sie kurz Ihren Wer­de­gang im Unter­neh­men und Ihre aktu­el­le Position. 

Die­se Fra­ge hilft dir,  dei­nen gegen­über bes­ser ein­schät­zen zu kön­nen und bricht das Eis.

2.1       Beschrei­ben Sie kurz die ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter in ihrer Abteilung. 

2.2       Gibt es eine Qua­li­fi­zie­rungs­ma­trix für Sie und ihre Mitarbeiter?

2.3       Ist die Matrix auf aktu­el­lem Stand und wird die­se eingehalten?

2.4       Wel­che drei Wer­te ver­bin­den Sie mit Ihrem Unternehmen?

Die Fra­gen über die Orga­ni­sa­ti­on zei­gen dir, wel­chen Stel­len­wert Aus­bil­dung und Qua­li­fi­zie­rung im Unter­neh­men der­zeit haben.

3.1       Sind die geleb­ten Pro­zes­se in Ihrer Abtei­lung schrift­lich festgehalten? 

3.2       Wie wer­den Ver­bes­se­rungs­vor­schlä­ge erfasst und umgesetzt? 

3.3       Gibt es Stel­len­be­schrei­bun­gen für Ihre Posi­ti­on und die Posi­tio­nen Ihrer Mitarbeiter? 

3.4       Sind die Stel­len­be­schrei­bun­gen aktuell? 

3.5       Haben Sie eine kla­re Ver­tei­lung von Auf­ga­ben, Kom­pe­tenz und Ver­ant­wor­tung? Wo ist dies sichtbar?

Die Fra­gen über Stan­dards hel­fen dir zu erken­nen, wie weit die Orga­ni­sa­ti­on sich bereits mit ihren Pro­zes­sen und Mit­ar­bei­tern auseinandersetzt.

4.1       Wel­che Kenn­zah­len sind in Ihrer Abtei­lung wichtig? 

4.2       Wo sind die Kenn­zah­len sichtbar? 

4.3       Sind die Kenn­zah­len unter­ein­an­der und mit ande­ren Abtei­lun­gen abgestimmt?

4.4       Wel­che Berich­te nut­zen Sie? Kom­men die Kenn­zah­len dar­in vor? 

4.5       Wel­che Mee­tings haben Sie, um den aktu­el­len Stand der Kenn­zah­len zu besprechen? 

4.6       Haben Sie für die­se Mee­tings eine kla­re Struk­tur? (Agen­da, Spiel­re­geln, Zeitplan) 

4.7       Wie pla­nen Sie Ihre Abtei­lung? Wel­che Werk­zeu­ge nut­zen Sie dafür? 

Die Fra­gen zum MIS geben dir einen Ein­blick, in wie­weit Kenn­zah­len, Berich­te und Mee­tings auf­ein­an­der abge­stimmt sind.

5.1       Wel­che drei Stär­ken sehen Sie in Ihrer Abteilung? 

5.2       Wel­che drei Ver­bes­se­rungs­mög­lich­kei­ten sehen Sie in Ihrer Abteilung?

5.3       Wel­che drei Stär­ken sehen Sie in Ihrem Unternehmen?

5.4       Wel­che drei Ver­bes­se­rungs­mög­lich­kei­ten sehen Sie in Ihrem Unternehmen? 

Die Fra­gen nach Stär­ken und Poten­tia­len zei­gen, ob die unter­schied­li­chen Mit­ar­bei­ter ähn­li­che The­men priorisieren.

6.1       Wel­ches der fol­gen­den Pro­ble­me ist in Ihrem Unter­neh­men am größten?

Bit­te bewer­ten Sie von 1 bis 10. Bit­te ver­ge­ben Sie jede Zahl nur einmal.

10 = größ­tes Pro­blem    1 = kleins­tes Problem

Learning Lean Interview Probleme

6.2       Bit­te nen­nen Sie kurz Ihre Grün­de für die drei größ­ten Pro­ble­me und nen­nen Sie mög­li­che Ansät­ze zur Verbesserung! 

Die Prio­ri­sie­rung der Her­aus­for­de­run­gen wird dir am Ende einen guten Über­blick über die größ­ten Hand­lungs­fel­der im Unter­neh­men geben.

7.1       Wenn wir gemein­sam an die­sen 3 The­men arbei­ten, wie schät­zen Sie das Ver­bes­se­rungs­po­ten­ti­al (in Pro­zent) ein? 

7.2       Was schät­zen Sie? Wie lan­ge (in Mona­ten) wür­den wir benö­ti­gen, um die Zie­le zu erreichen?

7.3       Glau­ben Sie, dass die Kul­tur in Ihrem Unter­neh­men vor­liegt, um die Zie­le errei­chen zu können?

7.4       War­um sind Sie der Meinung? 

7.5       Glau­ben Sie, dass jetzt der rich­ti­ge Zeit­punkt ist, um in Ihrem Unter­neh­men die Zie­le errei­chen zu können? 

7.6       War­um sind Sie der Meinung? 

Die Fra­gen nach der Ziel­er­rei­chung las­sen erken­nen, ob die befrag­ten Mit­ar­bei­ter an die Ver­än­de­rung glau­ben und aktiv dar­an mit­ar­bei­ten wol­len. Die Fra­ge 7.1 bezieht sich auf die vor­he­rig genann­ten Hand­lungs­fel­der, die laut dem Befrag­ten die größ­ten Pro­ble­me im Unter­neh­men dar­stel­len. Las­se den Befrag­ten mög­lichst kon­kre­te Ansatz­punk­te nen­nen und las­se ihn ein­schät­zen, wie hoch er das Poten­ti­al sieht (in Pro­zent) und wie viel Zeit benö­tigt wird, um das Poten­ti­al zu heben.

Als Bei­spiel könn­te er die Qua­li­fi­zie­rung als größ­tes Pro­blem erach­ten mit der Begrün­dung, dass unge­lern­te Kräf­te an den Anla­gen ste­hen und es dadurch zu län­ge­ren Rüst­zei­ten oder gerin­ge­rer Pro­dukt­qua­li­tät kommt. Sei­ne Hand­lungs­emp­feh­lung könn­te lau­ten, Ein­ar­bei­tungs­plä­ne für die Mit­ar­bei­ter zu ent­wi­ckeln und Schu­lun­gen durch den Anla­gen­her­stel­ler durch­zu­füh­ren. Er wür­de die­ses Poten­ti­al mög­li­cher­wei­se mit einer 25 %igen Ver­bes­se­rung zum aktu­el­len Zustand bewer­ten und wür­de ange­ben, dass sich die­ses Ziel bei­spiels­wei­se in 6 Mona­ten errei­chen lie­ße. Das heißt, er glaubt, dass sich die Rüst­zeit und Rekla­ma­ti­ons­quo­te in der Fol­ge an den Maschi­nen um 25 % sen­ken wird. 

Interview-Auswertung

Nach­dem du genü­gend Inter­views durch­ge­führt hast, geht es an die Aus­wer­tung. Hier­zu lie­fern wir dir eine Vor­la­ge, die dir nach Ein­ga­be der Daten auf Knopf­druck die Ant­wor­ten ana­ly­siert und gra­fisch aufbereitet.

Um auf einen Blick die Ant­wor­ten nach den Unter­neh­mens­wer­ten, ‑stär­ken  und ‑poten­tia­len zu erfas­sen, wer­den die­se visu­ell in Word­clouds dar­ge­stellt. Das Wort, das am meis­ten genannt wur­de, wird beson­ders groß ange­zeigt. Die Schritt­grö­ße der Wör­ter nimmt in der Fol­ge abhän­gig von der genann­ten Häu­fig­keit ab. Die Form der Word­cloud eig­net sich her­vor­ra­gend, um in der Abschluss­prä­sen­ta­ti­on die häu­figs­ten Ant­wor­ten hervorzuheben.

Interview Werte
Unter­neh­mens­wer­te
Interview Stärken
Unter­neh­mens­stär­ken
Interview Potentiale
Unter­neh­mens­po­ten­tia­le

Ein beson­de­res Augen­merk wird auf die Fra­ge 6.1 gelegt: „Wel­ches der fol­gen­den Pro­ble­me ist in Ihrem Unter­neh­men am größ­ten?“ Bei den Ant­wor­ten zeigt sich, wel­che The­men die befrag­ten Mit­ar­bei­ter prio­ri­sie­ren. Es ist inter­es­sant zu sehen, ob es hier einen Kon­sens gibt oder die Mei­nun­gen weit aus­ein­an­der lie­gen. Falls letz­te­res der Fall sein soll­te, ist es in der Abschluss­prä­sen­ta­ti­on beson­ders wich­tig, gemein­sam die Prio­ri­tä­ten zu dis­ku­tie­ren. Denn nur wenn alle das glei­che Ziel vor Augen haben und auch als wich­tig erach­ten, wer­den sie in die glei­che Rich­tung rudern.

Identifiziere die größten Potentiale für eine erfolgreiche Lean-Einführung!

Die Hand­lungs­fel­der wer­den in einem Säu­len­dia­gramm dar­ge­stellt. Sieht ein Mit­ar­bei­ter z.B. die man­geln­de Qua­li­fi­zie­rung als größ­tes Pro­blem im Unter­neh­men, wird er die­sem Feld 10 Punk­te geben. Die Punk­te pro Hand­lungs­feld wer­den von allen Inter­views auf­ad­diert, wodurch sich am Ende die Ergeb­nis­punk­te­zahl errech­net. Die­se wird ins Ver­hält­nis zu den gesamt mög­li­chen Punk­ten gesetzt. Bei 30 Inter­views liegt die­ser Wert bei 1.602 Punk­ten = 100 %.

Die­se Dar­stel­lungs­form als Säu­len zeigt deut­lich, wel­che Pro­ble­me die Mit­ar­bei­ter als größ­tes wahr­neh­men. Wie in die­sem Bei­spiel dar­ge­stellt, machen zwei The­men­fel­der (Schnitt­stel­le und Qua­li­fi­zie­rung) 36 % der gesam­ten Pro­ble­me aus. Die­se Hand­lungs­fel­der soll­ten also defi­ni­tiv auf­ge­grif­fen werden:

Sind die Mitarbeiter bereit für die Lean-Reise?

Auch die Fra­ge nach dem Poten­ti­al der vom Mit­ar­bei­ter defi­nier­ten Prio-The­men und der benö­tig­ten Zeit zur Umset­zung wer­den in der Vor­la­ge ausgewertet:

Die Fra­ge, ob die benö­tig­te Kul­tur vor­han­den ist, um die Poten­tia­le heben zu kön­nen und ob die Zeit reif für Ver­än­de­rung ist, gibt einen guten Indi­ka­tor dar­über, ob die Mit­ar­bei­ter bereit sind an der Lean-Ein­füh­rung mit­zu­ar­bei­ten und an den Erfolg glau­ben. Falls die­se Fra­gen zum Groß­teil ver­neint wer­den, muss man zunächst näher ana­ly­sie­ren: Was beschäf­tigt die Organisation?

Im Anschluss an die Aus­wer­tung soll­test du alle Befrag­ten und das Manage­ment in einer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung über die Ergeb­nis­se auf­klä­ren und gemein­sam einen Maß­nah­men­plan auf­set­zen, um die Poten­tia­le zu heben. Es ist zu emp­feh­len, neben den Inter­views, auch die wei­te­ren Tools der Poten­ti­al­ana­ly­se, wie hier  beschrie­ben, durch­zu­füh­ren und alle Ergeb­nis­se zusam­men in einer grö­ße­ren Abschluss­run­de vorzustellen.

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